Ein Bericht von Luisa Fernanda Builes (März 2004)
Der Deutschlandaufenthalt von
Luisa Fernanda Builes wurde durch ein " Baden-Württemberg-Stipendium
" und einen Zuschuss des DAAD
finanziert.
Meine Deutschlandaufenthalt im Wintersemester 2003/2004 wurde durch ein Stipendium des Landes Baden-Württemberg ermöglicht, wofür ich mich herzlich bedanken möchte.
In diesem Bericht werde ich aufzeigen, was ich während dieser Zeit getan und gelernt habe. Außerdem werde ich darlegen, wie ich den Fortbestand und die Weiterentwicklung von unserem Projekt "Patio13, Schule für Straßenkinder“ in Kolumbien unterstützten möchte.
Zu Beginn bedanke ich mich für die ausgezeichnete Begleitung durch das Akademische Auslandsamt an der Pädagogische Hochschule Heidelberg. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise das erste Treffen von ausländischen Studenten und Studentinnen zu nennen. Die studentischen Mitarbeiter von HEISS haben uns den Einstieg in das Studium und in das Leben in Heidelberg sehr erleichtert. Sie gaben uns wichtige grundlegende Informationen über den Ablauf des Studiums an der PH. Sie stellten uns die Seminare und Fächer, die wir belegen konnten, vor und erklärten uns, wie wir uns für diese anmelden sollten. Mit diesen Auskünften konnten wir uns selbst unsere eigenen Seminarpläne erstellen.
Ich entschied mich für folgende 4 Seminare:
• Landeskunde und Kultur für ausländische Studierende,
• Niveau I Deutsch als Fremdsprache für ausländische Studierende.
• Niveau II Deutsch als Fremdsprache für ausländische Studierende.
• Naturphänomene (Experimente mit Wasser und Licht).
In jedem dieser Seminare habe ich gleichzeitig meine Deutschkenntnisse sowie mein Allgemeinwissen und meine pädagogischen Kenntnisse verbessern und erweitern können.
In Landeskunde und Kultur für ausländische Studierende lernte ich bei der Lektüre verschiedener Texte - wie unter anderem Chronik der Stadt Heidelberg, Baden-Württemberg ABC, Soziale Sicherheit, Die deutschen Bundesländer - nicht nur viel über Heidelberg und Baden-Württemberg, sondern bekam auch ein Stück der deutschen Geschichte und Gegenwart mit.
Eine der lehrreichsten und zugleich schönsten Erfahrungen war der Ausflug nach Stuttgart in das "Haus der Geschichte Baden-Württembergs". Das Museum mit seiner großen Ausstellung, seinen verschiedenen interaktiven Stationen sowie seinen Dokumentationen über die Themen Industrialisierung, Urbanisierung, Wissenschaft usw. interessierten mich sehr. Außerdem freute es mich zu erfahren, dass ich mich in einem Bundesland aufhielt, in dem Kultur und Geschichte sehr geschätzt und hoch gehalten werden.
Am interessantesten war für mich, dass wir für jede Unterrichtsstunde einen wichtigen Text bekamen und bei jedem Thema mit verschiedenen Strategien zu arbeiten hatten. Zum Beispiel lernten wir, in Gruppen zu arbeiten. So konnten wir den Text lesen gemeinsam lesen und anschließend fragen, was wir nicht verstanden hatten. Am Ende konnte jede Gruppe ihr Thema vorstellen.
Wir bekamen auch Texte mit Aufgaben, welche wir in Einzelarbeit bearbeiteten und lösten. Die Aufgaben bestanden aus Fragen zum Text, auch mussten die Texte zusammengefasst und wichtige Stellen unterstrichen werden, über die wir anschließend mit der gesamten Klasse diskutierten.
Normalerweise wurden uns Aufgaben mit nach Hause gegeben, die meistens aus einem Text mit Fragen bestanden, den es zu lesen, und dessen Fragen es zu beantworten galt. Es kam allerdings auch nicht selten vor, dass wir selbständige Bearbeitungen vornahmen.
Ich nahm in den Seminare Deutsch für Ausländische Studierende. Niveau I und Niveau II teil, mit der Absicht, meine Deutschkenntnisse weiter zu verbessern. Ich hatte in Kolumbien bereits die Möglichkeit gehabt, ein Jahr lang in einem Kurs Grundkenntnisse in der deutschen Sprache zu erwerben.
In den Kursen: Niveau I und II lernten wir u.a. verschiedene Bereiche der Grammatik kennen:
• Verben mit Präpositionen
• der Konjunktiv I oder die indirekte Rede
• Adjektivdeklination
• der Konjunktiv II
• Übungen zum ergänzen
• das Ausdrücken von Meinungen
• Satzaufbau
• Wortschatz.
Wir erarbeiteten uns die Grammatik auch durch das Lesen von verschiedenen Texten, unter anderem von:
- Sankt Martin
- Wohngemeinschaften
- Elite Universität
- Wintersport
- Bundesrat
- Die Literatur
- Bundesverfassungsgericht
- Die Schriftsprache
Viel Zeit verbrachten wir auch damit, sprechen und schreiben zu üben. Die Aufgaben hatten den Zweck, die gelernte Grammatik, selbst, praktisch anzuwenden.
In offenen Gesprächsrunden bekamen wir die Möglichkeit, die Grammatik mündlich anzuwenden und wurden somit auf den Gebrauch der deutschen Sprache im Alltag vorbereitet. In den offenen Gesprächsrunden stellten wir uns den anderen vor und erzählten von unseren Heimatländern, von deren Bräuchen, Traditionen, Bildungssystem usw. So lernten wir uns gegenseitig besser kennen und erfuhren einiges über die Heimatländer der anderen Seminarmitglieder.
Ich habe auch das Seminar „ Naturphänomene, Experimente mit Wasser und Licht “ besucht, weil ich es in meiner praktischen Arbeit im „Explo-Heidelberg“ gut gebrauchen konnte. Und auch im Projekt „Patio13“ werden mir die erworbenen Kenntnisse hilfreich sein.
Was mir persönlich am besten gefiel und einleuchtete, war die Einteilung von Versuchen in drei Teile:
1. Einführung in das jeweilige Thema durch den Lehrer.
2. Praktische Durchführung des Versuchs.
3. Theoretische Rekonstruktion des Versuchs und schriftliche Dokumentation des Versuchs.
In meinem Land ist das Fach Physik wenig anschaulich, weil unsere Lehrer zu sehr theoretisch und zu wenig praktisch arbeiten. Deshalb erscheint dieses Fach den meisten Schülern unattraktiv.
Heutzutage besteht jedoch ein großes Interesse und auch die Notwendigkeit, gerade in diesem Fach die praktische Arbeit verstärkt einzusetzen. Aus diesem Grund war dieses Seminar für mich sehr lehrreich. Uns wurde gezeigt, wie man die theoretische und die praktische Arbeit so in den Unterricht einbindet, dass den Schülern das nötige Wissen übermittelt werden kann, ohne dass es ihnen als zu trocken erscheint.
Ich werde nie vergessen, was ich von den Lehrern hier gelernt habe. Ich lernte, dass ein Lehrer, wenn er seinen Schülern wirklich etwas beibringen will, er ihnen eine Lernform anbieten muss, die Interesse und Aufmerksamkeit weckt. Denn mit den ziemlich veralteten Methoden, mit denen in meinem Land leider immer noch gearbeitet wird, indem der Lehrer seinen Stoff ohne Rücksicht auf die Schüler „durchzieht“, kommt man in Wirklichkeit nicht weit.
Wenn mein Stundenplan es erlaubte, arbeitete ich unter der Woche und gelegentlich auch an Wochenenden im Explo-Heidelberg. Es war für mich selbst nicht nur ein Ort des Lernens, sondern auch ein Ort des Spaßes und ein Ort, an dem ich andere Leute kennen lernen konnte. Wenn ich heute zurück denke, dann bin ich froh, dort gearbeitet zu haben, da ich alles, was ich dort lernte, auch in Kolumbien in unserem Projekt "Patio 13" einsetzen kann. Ich habe schon viele Ideen, wie ich den Straßenkindern das Lernen schmackhaft machen kann.
Das Explo-Heidelberg ist ein interaktives Studienzentrum der Stadt Heidelberg. Schüler, Lehrer, Erwachsene und Wissenschaftler können die Grundphänomene der Naturwissenschaften hier in gemeinsamen Experimenten und Projekten spielerisch auf eine wirklichkeitsnahe Weise erleben.
Das gute Klima innerhalb der Arbeitsgruppe motivierte mich zum Sprechen, wodurch sich mein Deutsch wiederum verbesserte. Zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen lernte ich viel Neues im Bereich der Physik.
Ich betätige mich jetzt schon seit einem Jahr in dem Projekt "Patio 13" der Normal Superior María Auxiliadora in Copacabana (Partnerschule der Pädagogischen Hochschule Heidelberg). Während meiner Zeit in Kolumbien arbeitete ich als Mentorin im Buchdruck des Projektes mit dem Professor Hans Werner Huneke (Spezialgebiete: Sprachdidaktik, Anfangsunterricht im Lesen und Schreiben, Deutsch als Fremdsprache). Er war es auch, der als erster in Betracht zog, den Straßenkindern die Möglichkeit zu geben, im Buchdruck zu arbeiten. Außerdem konnte ich mit der Professorin für Physik, Frau Dr. Manuela Welzel, und dem Professor Dr. Elmar Breuer, Oberstudienrat für Mathematik und Lehrbeauftragter an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, arbeiten .
Was für mich in Kolumbien schon immer ein Traum war, konnte durch die Hilfe des Baden-Württemberg-Stipendiums verwirklicht werden. Um das Leben der Straßenkinder effizient zu verbessern, muss man zuerst die Armut beseitigen und der Misshandlung sowie der Verletzung der Menschenrechte an den Straßenkindern Einhalt gebieten. Um die Drogen und die Waffen durch Bücher zu ersetzen, muss der jungen Generation ein guter Zugang zur Bildung ermöglicht werden.
Aus diesem Grund wollte ich während meines Aufenthaltes in Deutschland nicht nur Deutsch lernen und das Land und dessen Bräuche kennen lernen, sondern ich wollte auch endlich die methodische Qualität der Arbeitsweisen verbessern, mit denen die Kinder unterrichtet werden. Es wird für mich und meine Kolleginnen/Kollegen kein Problem sein, die Versuche, die wir hier durchgeführt haben, auch in Kolumbien umzusetzen. Besonders praktikabel an diesen Versuchen ist, dass die dazu benötigten Utensilien von den Straßenkindern selbst hergestellt werden können, was ihnen erleichtert, sich auf das Lernen des theoretischen Teils vorzubereiten.
Zum Schluss möchte ich allen danken, die es ermöglicht haben, dass ich hier eine wunderschöne und lehrreiche Zeit verbringen konnte. Insbesondere bei dem Professor Hartwig Weber, dem Initiator des Projektes „Patio13 Schule für Straßekinder“. Danke dafür, dass mir ermöglicht wurde, eines Tages eine bessere Lehrerin zu werden.