Thema Kolumbien
Land und Leute
Basisdaten:
- Fläche:
1 141 748 Quadratkilometer; Topographie: feuchtheiße pazifische Küstenebene; mehrere Kordilleren-Ketten (bis 6500 Meter Höhe) mit fruchtbaren, stark bevölkerten Tälern und Hochebenen; im Osten und Südosten Tiefland;
- Bevölkerung:
etwa 40 Millionen; davon 58 Prozent Mestizen, 20 Prozent Weiße, 20 Prozent Schwarze und Mulatten, 2 Prozent Indígenas (über 80 Völker mit mehr als 60 Sprachen); über 90 Prozent Katholiken.
- Die größten Städte:
Santafé de Bogotá (Hauptstadt, mehr als 6 Millionen Einwohner), Medellín (über 2 Millionen), Cali (über 2 Millionen), Barranquilla (über 1 Million); Cartagena (über 1 Million);
- Wirtschaft und Soziales:
57 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze; Arbeitslosenrate meist um 20 Prozent; Exportprodukte: Erdöl, Kaffee, Bananen, Blumen, Smaragde, Gold, Drogen; hohe Inflation; hohe Analphabetenrate;
- Menschenrechte:
In letzter Zeit werden pro Jahr 30 000 Morde verübt. Zahl der intern Vertriebenen über 2 Millionen;
- Situation der Kinder:
2,5 Millionen Kinder zwischen 5 und 17 Jahren, davon mehr als 1 Million unter 14 Jahren, müssen arbeiten; über 1 Million Kinder sind Opfer interner Vertreibungen; bei der Guerilla und den paramilitärischen Gruppen stehen Minderjährige unter Waffen; unzulängliches Gesundheitswesen, das bewirkt, dass von 1000 Kindern 87 im ersten Lebensjahr sterben; über zwei Drittel der Bevölkerung werden nicht älter als 33 Jahre.
Kolumbien, in der Nordwest-Ecke Südamerikas gelegen, ist mit seinen pazifischen und karibischen Küsten, seinen Kordilleren-Ketten und Gletschern von über 5000 Metern Höhe, seinen unendlichen Ebenen im Osten, dem feuchtheißen Tiefland, den fruchtbaren Tälern, Hochebenen und dem Urwald, der die Hälfte der Landesfläche bedeckt, das landschaftlich und kulturell reizvollste Land des Kontinents. Mit 1 141 748 Quadratkilometern ist es drei- bis viermal so groß wie Deutschland, 28 Mal so groß wie die Schweiz. Dabei macht seine Bevölkerung von 40 Millionen nur die Hälfte derjenigen Deutschlands aus. Über 70 Prozent der kolumbianischen Bevölkerung wohnen in Städten. Bis zum Jahr 2015 rechnet man mit einer Bevölkerung von 53, 2 Millionen, von denen dann 80 Prozent zur Stadtbevölkerung gehören werden.
Dieses Land mit seinem großem Reichtum an fruchtbarer Nutzfläche und an Bodenschätzen wird von Wirtschaftskrisen und Drogenhandel gebeutelt. Überfälle und Morde sind an der Tagesordnung. In keinem Land der Welt gibt es so viele Entführungen. 800 bis 1000 Personen - neuerdings sind es nicht mehr nur reiche Erwachsene, sondern auch immer mehr Kinder - werden jedes Jahr gewaltsam ihrer Freiheit beraubt und um Geld, bisweilen geht es um ein paar Hundert Mark, erpreßt. Die meisten Entführungen gibt es im Departamermt Antioquia mit der Hauptstadt Medellín.
Geschichte
Seit Jahrzehnten leiden die Kolumbianer unter einem Krieg, der formal nie erklärt wurde. In der Geschichte des Landes hat es kaum friedliche Zeiten gegeben. Die Kette der Bürgerkriege seit der Unabhängigkeitserklärung von 1814 riss nie ab. Nach der Ermordung des populären Präsidentschaftskandidaten Jorge Eliécer Gaitán brach 1948 die "violencia" aus, ein interner Krieg, der Hunderttausende das Leben kostete.
Der Bürgerkrieg schwemmte große Scharen von Menschen vom Land in die Städte. Bis heute setzt sich diese Fluchtbewegung fort. Die Landbevölkerung verelendet in den Slums der Metropolen. In den letzten 15 Jahren sind in Kolumbien ungefähr 2 Millionen Menschen aus ihrer Heimat geflohen, mehr als die Hälfte von ihnen sind Kinder.
Heute ist offene Gewalt das Kennzeichen des Lebens auf dem Land wie in der Stadt. Berichte und Bilder von Attentaten und Überfällen, Entführungen und Folterungen, Bombenanschlägen und Massakern füllen die Tageszeitungen.
Flüchtlingskinder
In den letzten 15 Jahren sind in Kolumbien ungefähr 2 Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben worden, mehr als die Hälfte von ihnen - etwa 1 100 000 - Kinder. Viele sind jünger als fünf Jahre, fast 20 Prozent zwischen fünf und zehn Jahren alt.
Die Kinder sind am meisten von den Folgen der Vertreibung betroffen.
Unzählige haben ihre Väter verloren, die der Familie Halt und Auskommen gaben. Flüchtlingsfamilien sind entwurzelte, zerstörte Familien. In der Stadt werden aus vertriebenen Campesinos (Bauern) marginalisierte Städter. Sie haben keine Chance, den Elendsvierteln der Metropolen zu entfliehen; für immer werden sie dort Fremde bleiben - ohne Chance, sich jemals ins städtische Leben integrieren zu können.
Die Kinder der Flüchtlinge haben mit ihrer Heimat, der gewohnten Umgebung, die ihnen Sicherheit und Schutz versprach, alle Orientierung und Perspektive verloren. In der Stadt finden sie kein neues zu Hause. Sie werden auf die Strasse geschickt und sollen zum Lebensunterhalt ihrer Familien beitragen. Dort lernen sie dann, wie man bettelt. Rasch werden sie straffällig. Die Möglichkeit, den durch die Flucht unterbrochenen Schulbesuch wieder aufzunehmen, bleibt den meisten verschlossen.
Kinderprostitution
Strassenmädchen und jugendliche Prostituierte - dazwischen gibt es kaum Unterschiede. Wenn Mädchen auf der Strasse landen, kommen sie in der Regel rasch mit der Prostitution in Berührung. Spätestens in der eigenen gallada (Bande) machen sie die ersten sexuellen Erfahrungen. Erst wenn sie sich den männlichen Gruppenmitgliedern hingegeben haben, bekommen sie Schutz, Nahrung und Drogen.
Die Mütter von Strassenmädchen, die sich prostituieren, sind meist selbst Prostituierte. Nicht selten sind sie es, die ihre Töchter in die Prostitution einführen.
Auf der Strasse bekommen die jugendlichen Prostituierten meist rasch eigenen Nachwuchs, da sie selten empfängnisverhütende Mittel benutzen. Wenn sie schwanger werden, kümmert sich niemand um sie. Die Mädchen arbeiten dann in gewohnter Weise weiter, ohne zu wissen, dass sie ihre Kinder großen Risiken aussetzen. Von Aids haben sie keine Ahnung.