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News / Druckmaschine

 

Eine Druckmaschine für Straßenkinder

Hartwig Weber (Februar 2006)

Drei Studentinnen aus Kolumbien – Alejandra, Elizabeth und Nathaly -, die schon seit mehreren Jahren im Projekt Patio13 engagiert sind und für 2005/06 das Stipendium der Baden-Württemberg-Stiftung bekommen haben, besuchen von montags bis donnerstags ihre Deutschkurse, Seminare und Praktika an der Pädagogischen Hochschule; freitags aber trifft man sie im Ausbildungszentrum der Heidelberger Druckmaschinen AG gegenüber dem Hauptbahnhof. In ihrer „Heidelberg“-typischen Kleidung, festen Schuhen, Arbeitshosen, Hemden und Jacken in Dunkelblau mit Betriebslogo, unterscheiden sie sich nicht von den anderen Azubis. Sie arbeiten an einem Tiegel, einer Druckmaschine, für die die Texte in Handarbeit, Buchstabe für Buchstabe zusammengesetzt werden.

„Keine Angst vor der Maschine! Ihr müsst näher herantreten, sie anfassen, um sie besser kennenzulernen!“ Peter Kollenz , der als Ausbilder für „Training und Education Press“ zuständig ist, muntert die jungen Kolumbianerinnen auf. „Am Anfang war ich etwas erschrocken, als ich die Maschine sah, so groß, so schwer und elektrisch betrieben“, gesteht Alejandra. Im Patio Don Bosco hat sie mit Straßenkindern gearbeitet und zur Alphabetisierung eine kleine Handpresse aus Holz eingesetzt. Damit haben die Kinder und Jugendlichen ihren Namen und kleinere Texte in Farbe gedruckt. „Am meisten Freude hatten sie, als wir Karten zum Muttertag für ihre Mütter druckten.“

„Wir brauchen Geduld, Ausdauer, Sorgfalt und viele Detailkenntnisse“, erläutert Elizabeth. „Seit sieben Wochen lernen wir nun schon und wissen, wie man mit unterschiedlichen Papiersorten, Farben und wechselndem Luftdruck für die Beförderung der Papierseiten umgeht.“ Peter Kollenz ist mit seinen Schützlingen sehr zufrieden. Per Video und mit gründlichen Erläuterungen hat er sie in die Geschichte des Druckwesens seit der Zeit Gutenbergs und in die Grundlagen der modernen Druckereitechnik eingeführt. Ein besonderes Anliegen ist es ihm, die Studentinnen zu einem sorgfältigen Umgang mit der Maschine anzuleiten. „Sie müssen später in Kolumbien aufpassen, damit sich kein Kind verletzt, wenn es mit dem Gerät umgeht.“

Nathalie zeigt, wie die Maschine zu reinigen und zu pflegen ist. „Am Anfang“, sagt sie, „fehlte mir schlicht die Körperkraft, um die Hebel zu bewegen. Inzwischen habe ich kräftigere Muskeln bekommen, und nun fällt es mir leichter.“ Lange Wochen mussten die Studentinnen ihre Ungeduld zügeln, lernen und üben, bis sie endlich zum ersten Mal drucken durften. „Sechs Stunden hat es gedauert, bis wir einen einzigen kurzen Text von Hand gesetzt hatten. Und dennoch mussten wir am Ende feststellen, dass wir viele Fehler gemacht hatten.“ Alejandras Augen leuchten vor Zuversicht. „Jetzt wissen wir, wie aufwändig das Ganze ist. Man braucht Zeit und viel Übung. Und wir sind noch längst nicht am Ziel.“

Im Juli soll der viele Zentner schwere Tiegel von Heidelberg nach Kolumbien geschickt werden – per Schiff über den Ozean. Dort wird er in der Mitte des Zentrums für Straßenkinderpädagogik an der Escuela Normal Superior in Copacabana bei Medellín, der Partnerorganisation von Patio13, aufgestellt. Mit seiner Hilfe wird die pädagogische Arbeit mit Straßenkindern fortgesetzt und intensiviert: Die Kids werden eigene Texte drucken, schreiben und lesen lernen, und sich vielleicht eines Tages fragen: Wäre es nicht eine reizvolle Zukunftsperspektive für mich, Drucker zu werden?

„Die Druckmaschine stellt ein ausgezeichnetes und attraktives Medium für die pädagogische Arbeit mit Straßenkindern dar“, hebt Elizabeth hervor und denkt an ihre Erfahrungen im Patio Don Bosco zurück. Während der Mittagspausen treffen die drei kolumbianischen Studentinnen die anderen Azubis von „Heidelberg“. „Wir erzählen ihnen von unserer Arbeit mit Straßenkindern in Kolumbien, und sie hören uns mit großer Aufmerksamkeit zu“, berichtet Nathaly. Jeweils einer von den jungen Männern darf die Mädchen zum Essen in den Kantine begleiten. „Sie streiten sich immer, wer von ihnen mitkommen darf“, lacht Alejandra.